Aus für Rybka

Das Schwerpunktthema im aktuellen Heft 8 von SCHACH ist die Zukunft des modernen Schachs, die heutzutage nicht zuletzt durch die elektronischen Hilfsmittel durchaus in Gefahr ist. Dazu zählt auch Rybka, das lange als die stärkste Engine galt und von 2007 bis 2010 viermal die Computerschach-Weltmeisterschaft gewonnen hat und weltweit die wichtigsten Ranglisten anführte.
Das soll nun aber alles vorbei sein, denn Vasik Rajlich, den Programmierer von Rybka, sieht sich massiven Plagiatsvorwürfen ausgesetzt, wie Schach-Chefredakteur Raj Tischbierek in seinen Beitrag in der Rubrik Computerschach schreibt, den wir mit seiner freundlichen Genehmigung veröffentlichen. 

Fritz, Rybka, Firebird, Houdini … – die Namen sind in aller Munde. Jeder ambitionierte Schachspieler weltweit hat einen oder mehrere der Macheïden auf seinem Rechner installiert und verbringt in aller Regel nach seinen Partien ein paar bange Minuten damit, sich in Sekundenschnelle seine gröbsten Fehler zeigen zu lassen. Wer sich hinter den Rechenmonstern verbirgt, ist dagegen weitgehend unbekannt.

Als Branchenprimus galt zuletzt viele Jahre lang Vasik Rajlich, bekannter unter Rybka, zu deutsch Fischlein. Bis zum Auftauchen von Houdini beherrschte sein Programm die Szene, was von 2007 bis 2010 in vier Weltmeistertiteln im Wettstreit der Programme untereinander gipfelte.

Am 28. Juni nun wurden Rajlich/Rybka nicht nur die Titel von der ICGA rückwirkend aberkannt, man sperrte ihn auch lebenslang für die Teilnahme an Computer-Weltmeisterschaften. Die International Computer Games Association sieht es als erwiesen an, dass Rajlich zu Beginn der Rybka-Karriere von zwei anderen Programmen namens Crafty und Fruit abgekupfert hat. Das allein ist noch nicht strafbar, da es sich um sogenannte Open Source Programme handelte, die ihren Code frei verfügbar gemacht hatten.

Zugriffe darauf dürfen jedoch nicht – wie im Falle Rybkas – kommerziell ausgeschlachtet, sondern müssen ihrerseits offengelegt werden. Diese Regel ist eindeutig formuliert und gegen sie hat Rajlich verstoßen. Kurios ist dabei, dass er den Stein der Untersuchungen mit Beschwerden über vermeintlich unlautere Wettbewerber selbst ins Rollen gebracht hatte.

Inwieweit Ränkespiele und wirtschaftliche Interessen in das harte ICGA-Urteil eingeflossen sind, ist selbst für Insider, schon gar nicht aber für mich als allenfalls Beobachter, schwer zu durchschauen. Fest steht, dass Rajlich nach dem unerlaubten Klau mit Rybka ganz neue Höhen erklommen hat, weshalb ihn viele Branchenkenner weiter auf den Thron heben. Just am Tage unseres Redaktionsschlusses hat sich der Meister nun auch selbst zu Wort gemeldet (den Hinweis darauf verdanke ich einer anonymen Wortmeldung auf www.schach-welt.de). Nelson Hernandez, der ihn interviewt hat, fasst seine Eindrücke unter anderem so zusammen: "Er kommt daher wie ein Mann, der denkt, der Rest der Welt sei vollkommen verrückt geworden, und der absolut davon überzeugt ist, bessere Dinge zu tun zu haben, als sich mit seinen wahnsinnigen Anklägern herumzustreiten." (http://rybkaforum.net) Cartoon: Jose Diaz

Raj Tischbierek
 
 

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